Ein mächtiger Blauwal schwimmt direkt vor unserem Übernachtungsplatz umher. Plötzlich taucht er auf und in seinem Maul befinden sich hunderte von Sardinen.

Im Norden von Chile und Argentinien

Nach unserer Entscheidung, den Besuch der nördlichen Länder Ecuador und Kolumbien infolge der unsicherer politischen Situation auf später zu verschieben, sind wir erneut im Norden von Chile angekommen.

Nach dem Grosseinkauf in Arica, Ruth ist fast nicht mehr zu bremsen nach den kärglichen Auslagen im Hochgebirge von Peru, fahren wir 50 km südlich an die Caleta Vitor. Hier stehen bereits 2 grosse LKW’s mit europäischen Kennzeichen. Eines davon kennen wir, es sind die beiden Schweizer Agnes und Daniel, die wir in El Bolson kennen gelernt haben.

Das andere Paar ist Evi und Gert aus Hamburg. Zusammen verbringen wir 3 friedliche Strandtage.

Dieser Platz ist eine Art Arche Noah des Meeres. Schaut man aufs Meer raus erblickt man hunderte von fressenden und spielenden Seelöwen, Pelikane fliegen anmutig durch die Wellentäler und das Highlight sind die Wale, die den Fischreichtum der hiesigen Gewässer schamlos ausnützen, um die eigenen Fettreserven aufzufüllen. Zu tausenden fliehen die Sardinen vor den hungrigen Mäulern der Jäger. Manchmal werden sie auf den Strand gespült, wo sie direkt von den Truthahn-Geiern erwartet werden.

Auch die zahlreichen Fischer, da zähle ich mich ebenfalls dazu, möchten ihren Anteil am üppigen Fischreichtum. Mit meinem Köder, der eher auf Lachse in Patagonien ausgerichtet ist, stell ich mich in die Reihe der Fischer. Mein Nachbar zieht einen Bonito nach dem andern aus dem Wasser, welche zur Familie der Tunfische zählt, während ich neidisch aus dem Augenwinkel zu ihm rüber schaue. Der etwas klägliche Blick wirkt Wunder, er gibt mir einen grossen Bonito ab, der gewiss 5 kg wiegt. Anschliessend überlässt er mir noch einer seiner Köder und kurz darauf ziehe ich ebenfalls ein Mordsding von Fisch aus der schäumenden Brandung.

Am Abend gibt es dann ein reichliches Fischessen zu sechst. Daniel und Agnes spendieren Wein und Reis, Evi und Gert übernehmen das grillen und wir, wie könnte es anders sein, den Fisch.

 

Das Abfall-Problem

Wir fahren weiter südwärts. Über Iquique, Antofagasta bis nach Taltal, so oft als möglich der Küste entlang. Am Meer herrscht ein angenehmes, mildes Klima, das auch den Chilenen zu gefallen scheint. Über die Monate Januar und Februar herrscht Ramba-Zamba. Die meisten haben Sommerferien und fast alle , so scheint es, verbringen ihre Zeit am liebsten mit der Familie und Freunden am Strand. Sie stellen ihre Autos zu Wagenburgen zusammen und in der Mitte thront das Zelt. Da sie nicht nur das Fischen und das gesellige Beisammensein so lieben, sondern auch die dazu gehörende Musik in Disco Lautstärke, suchen wir uns daher ein Plätzchen weitab der Masse. An dieser Kilometerlangen Küstenlinie, am Fusse der mit verschiedenen Rottönen gestreifter Berge, ist das meistens kein Problem. Das Problem ist der Abfall. Wir haben uns schon in Peru über den allgegenwärtigen Abfall aufgeregt, aber dass es an dieser so abgelegenen Region ebenfalls solche mit Müll und Glasscherben überhäufte Strandabschnitte gibt, ist einfach nur Schade und vermiest einem manch schöne Momente. Viele der chilenischen Camper lassen nach ihrem Aufenthalt den ganzen Müll einfach stehen und liegen, obschon es in der Nähe Container gibt. Die vielen Truthahn Geier freut’s. Die Müllberge sind fest in ihrer Hand, sie reissen die Säcke auf und verteilen den ganzen Unrat über die Ebene.

Auf das Problem angesprochen meint ein Chilene: „Leider haben wir Chilenios noch nicht dieses Gespür zu einer intakten Umwelt. Vielleicht liegt es auch an der Tradition.“

Wir stehen da ein wenig ratlos und können diese Aussage nicht so richtig begreifen.

Umkreist von Möwen, Tölpeln und Pelikanen ragt vor der Steilküste bei Antofagasta dieses faszinierende Naturdenkmal aus dem Pazifik, „la Portada“, der mächtige Fels, der tatsächlich aussieht wie ein grosses Tor.

Die Region der 10’000 Minen

Seit Tagen fahren wir entlang von schroffen Bergen, durch trockene, kaktusbewachsende Ebenen und erblicken die vielen Erzreichen Minen, die wie übergrosse Narben die scheinbar unbewohnte Landschaft durchschneiden. Der wichtigste Bodenschatz ist das Kupfer, für Chiles Wirtschaftsmotor das reinste Benzin. Der Norden Chiles, vom Valle Central bis zur Atacama Wüste, ist übersät von riesigen Abbaubaggern und künstlich angehäuften und umgegrabenen Hügeln, um an die begehrten Rohstoffe zu gelangen, die unsere Welt so notwendig braucht.

Zwischen durch übernachten wir auf einem ehemaligen Gelände einer längst verlassenen Mine.

Der Algenboom an der chilenischen Nordküste

Von September bis März, wenn sich der feuchtkalte Winter aus Zentralchile zurückzieht, verändert sich das Landschaftsbild an den Stränden von Nordchile. Nun werden die behelfsmässigen Zelte und Bretterunterkünfte an der Küstenlinie mit den „Alqueros“, den Algensammlern gefüllt.

Wir sprechen mit so einem Mann und er sagt uns, dass er eigentlich aus „La Serena“ stammt, 800 km südlich, und nur die Frühlings- und Sommersaison hier verbringt.

Jetzt zu dieser Jahreszeit pflückt er die Braun- und Rotalgen von den Muschel-bespickten, rutschigen Klippen der Brandung, um sie anschliessend zu trocknen und weiter zu verkaufen. 50 $ bekommen die Algensammler für 100 kg getrocknetes Kelp, welche sie an die Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie verkaufen.

In Europa kennen wir die Meeresalgen meist nur um Sushi gewickelt, doch in letzter Zeit haben Meeresalgen einen richtigen Aufschwung erlebt. Besonders im Kosmetik-Bereich sind sie sehr beliebt und ich überlege mir, ob es meiner falten durchzogener Haut gut tun würde, wenn ich mich ein paar Stunden in die getrockneten Algen legen würde. Ruth meint, für dies ist es wahrscheinlich schon längst zu spät.

Schaufenster in die Unendlichkeit

Der Weg zu den Sternen ist rau. Auf kurvenreichen Strassen durch die ausgedorrte Einsamkeit der Atacama Wüste, bergauf und bergab, fahren wir einen letzten steilen Anstieg hinauf zum kleinen Observatorium „Cruz del Sur“. Hier im Norden Chiles befindet sich der reinste und transparenteste Himmel der Welt. Das Klima und die Lage machen den Himmel dieser Gegend zu einem wahren Fenster zum Universum. Hier scheint an mehr als 320 Tagen im Jahr die Sonne, kaum eine Wolke trübt den Himmel und die Nächte sind wortwörtlich sternenklar.

Ideale Verhältnisse also, um als Laie wie wir, auch einmal durch ein Hightech Teleskop ins Weltall zu schauen.

Abends um 9:30 Uhr beginnt die zweistündige Führung. Erst wird uns ausführlich der Sternenhimmel erklärt, dann dürfen wir alle einen Blick durchs Teleskop werfen, wo wir mit eigenen Augen weit entfernte Galaxien, die Lichtjahre entfernt sind erspähen, den Jupiter in seiner vollen Pracht bestaunen und unsern Nachbarn, den Mond, mit seinen vielen Kratern betrachten.

Wir lernen die Milchstrasse von den Magellanschen Wolken zu unterscheiden, wie unsere Vorfahren die Schiffe anhand der Sterne navigierten, doch ob man das alles so richtig begreift, das steht buchstäblich in den Sternen geschrieben.

Was bleibt ist die Erkenntnis, wir sind doch nur ein unbedeutendes, klitzekleines Etwas hier auf dieser winzigen Erde und trotzdem sollten wir viel mehr Sorge zu ihr tragen.

Bei den Wollmäusen

Als nächstes steuern wir den kleinen Park der Chinchillas an. Wir sind die einzigen Touristen, da diese geschützte Anlage nicht auf dem üblichen touristischen Weg liegt.

Boris, der nette Ranger erklärt uns im Nocturama, einem Infozentrum, wo die nachtaktiven Tiere nicht durch Tageslicht gestört werden, sehr viel interessantes über diese niedlichen Tiere. Er meint: „Das feine Fell der Chinchillas ist ihnen in der Vergangenheit leider zum Verhängnis geworden. Um einen weichen Mantel zu nähen, wurden etwa 140 dieser kleinen Felle vernäht. Dieser Umstand machte ihnen sehr zu schaffen. Von den ursprünglichen 7 Millionen Tieren sind noch etwa 10’000 übrig geblieben. Doch hier sind sie geschützt und sie vermehren sich prächtig.“

Im Park gibt es eine aufschlussreiche, gut beschilderte Rundwanderung und am Wasserbecken beobachten wir eine unglaubliche Vielzahl an Vögeln und kleinen Mäusen in dieser ansonsten kargen Umgebung.

Ein weiteres kleines Highlight sind die wilden Füchse, die uns am Abend auf dem Camping besuchen. Ein Abstecher, der sich effektiv lohnt.

 

Über den Andenpass „Christo Redentor“ nach Argentinien

Eigentlich wollten wir über den 4700 Meter hohen „Paso San-Francisco“ von der chilenischen Atacama-Wüste in die Provinz Catamarca in Argentinien fahren, doch die Unwetter der vergangenen Tage haben die Strasse so stark beschädigt, dass sie unpassierbar ist. Wir warten noch ein paar Tage, doch die Lage ist und bleibt unverändert. Wann er wieder für den Verkehr geöffnet wird, bleibt ein Rätsel. So beschliessen wir, nicht weiter zu warten und den Pass weiter südlich zu nehmen, den „Paso Christo Redentor“.

Gewiss, es gibt interessantere Pässe als diesen, der Lastwagenverkehr ist gewaltig und die Baustellen zermürbend. Doch wenn man die Augen offen hält, das Bergpanorama ist atemberaubend.

 

Auf der argentinischen Seite machen wir einen Halt beim „Cerro Aconcagua“. Dieser mächtige Eiskoloss mit seinen bis zu 10 km langen Gletschern ist mit 6961 m der höchste Berg Amerikas und der höchste ausserhalb Asiens. Er liegt in der Provinz Mendoza nahe der chilenischen Grenze. Der Schweizer Mathias Zurbriggen bezwang 1897 offiziell als Erster den Gipfel. Seitdem zieht der Aconcagua Bergsteiger als aller Welt magisch an. Um es bis ganz auf den Gipfel zu schaffen, braucht man einschliesslich Akklimatisierung 13 bis 15 Tage. Da wir es versäumt haben, eine Reservation für die Besteigung des Gipfels zu organisieren, setzen wir unsere Fahrt fort!!!!

 

Die Brücke der Inkas

Der kleine Ort „Puente del Inca“ liegt nur ein paar km unterhalb der Abzweigung zum Aconcagua.

Anders als der Name vermuten lässt, ist die Brücke kein Bauwerk der Inkas, sondern ein durch Erosion natürlich gebildeter Felsbogen. Der Name kommt von der Vermutung, die Inkas seien bis hierher vorgedrungen. Der natürliche Bogen spannt sich über eine Gesamtlänge von 53 Meter über den Fluss Rio de las Cuevas. Das spezielle dieser Brücke ist das rotgelb gefärbte Gestein, welches einer heissen, schwefelhaltigen Quelle zu verdanken ist.

Die meisten der angereisten Touristen machen ein kurzes Selfie von der Brücke und widmen sich danach intensiv den Souvenirständen.

Ich nutze den ersten Kontakt in Argentinien um bei einem Standbesitzer US Dollars in argentinische Pesos zu wechseln. Es ist verrückt, als wir vor 16 Monaten das erste Mal nach Argentinien eingereist sind, bekamen wir für einen Dollar 370 Pesos und nun, sagenhafte 1100 Pesos. Wir in der Schweiz beklagen uns über eine letztjährige Inflation von 5% und die Argentinier über eine 150%’ige Inflation. Es ist für uns unvorstellbar, wie sie das handhaben, doch irgendwie geht das Leben weiter.

Mendoza, im Tal des guten Weins

Wir fahren von den höchsten Gipfeln des amerikanischen Kontinents in die Provinz Mendoza, wo 70% des gesamten argentinischen Weins angebaut wird. Doch bevor wir auf Degustations Tour gehen, schauen wir uns die Stadt etwas genauer an. Von vielen Reisenden haben wir gehört: „Passt ja auf euer Fahrzeug auf. Uns wurde am helllichten Tag die Scheibe eingeschlagen oder die Tür aufgebrochen und dabei alles Mögliche geklaut.

Ein Grund mehr, das Fahrzeug nur in einem gut bewachten und eingezäunten Parkplatz abzustellen. Der Parkplatz San Lorenzo von Mathias und seinem Sohn scheint uns sicher und vertrauensvoll und wir entschliessen uns, gleich auf dem Gelände zu übernachten.

Es ist eine moderne und saubere Grossstadt mit guten Einkaufsmöglichkeiten, lebhaften Cafés, blühenden Parks und einer riesigen Auswahl an Restaurants, welche uns bis spät in die Nacht auf Trab halten.

 

Doch was wäre Mendoza ohne seine Bodegas. So entschliessen wir uns, dem Weingut von Dieter Meier einen Besuch abzustatten, um uns den einen oder anderen Tropfen zu gönnen. Schon auf dem Weg dorthin sehen wir etliche Schilder die zur Besichtigung und Weinverkostung einladen.

Wir staunen nicht schlecht, als wir auf dem Parkplatz des Weingutes ein Büssli mit Zürcher Kennzeichen erblicken. Es handelt sich dabei um Marina und Peter, die für ein halbes Jahr Chile und Argentinien entdecken wollen.

Kurz entschlossen sitzen wir alle zusammen und bestellen das angebotene Mittagsmenü. Es handelt sich dabei um einen 5 Gänger und zu jedem Gang wird ein anderer Wein serviert. Wie es sich für Argentinien gehört, besteht der Hauptgang aus einem butterzarten Rindersteak und das Dessert ist ein Gedicht.

Später gesellen sich noch die beiden Schweizer Renate und Bruno dazu, die ebenfalls per Zufall gerade heute auf dem Weingut eingetroffen sind. Infolge des doch beträchtlichen Alkohol-Konsums entscheiden wir uns, direkt auf dem schönen Anwesen zu übernachten. Noch bis spät in die Nacht sitzen wir alle zusammen und tauschen Reiseerfahrungen aus.

 

Ein weiteres Weingut und ein Labyrinth aus Buchsbaum

Die Reise geht weiter durch das trockene Landesinnere nach San Rafael. Hier staunen wir nicht schlecht über die majestätischen, alten Zypressen, die die Strassen der Innenstadt säumen. Für die Bewässerung sorgen offene Wasser-Kanäle entlang der Bürgersteige.

Als wir an der modernen Kellerei „Bianchi“ vorbeifahren, entschliessen wir uns spontan abzubiegen, um auch dieses bekannte Weingut zu besichtigen. Eigentlich ist die Führung nur auf Spanisch, doch zum Glück ist ein Student gerade anwesend, der uns alles ins Englische übersetzt. Die Tour durch die Kellerei ist sehr unterhaltsam und gibt uns einen guten Einblick in die Kunst des Sektkelterns.

Zum Schluss, böse Zungen behaupten dies sei der Höhepunkt, gibt es noch einen Chardonnay, einen Malbec, einen Cabernet Sauvignon und einen vorzüglichen Sekt der Marke „Famiglia Bianchi“ zum degustieren.

Mit ein paar Flaschen, man weiss ja nie, wann in der Wüste das Wasser ausgeht, verlassen wir gut gelaunt das edle Weingut.

 

In der Nähe von San-Rafael besuchen wir noch das schön angelegte Buchsbaum-Labyrinth. Auf dem privaten Gelände hat der Besitzer des Weingutes, Luis Borges, mit Hilfe von etlichen Gärtnern ein Labyrinth aus Büschen und Hecken angelegt. Ist man erst mal drin in dieser „grünen Hölle“, findet man fast den Ausgang nicht mehr. Immer wieder landen wir in einer Sackgasse und machen so unfreiwillige Kilometer auf dem Weg zurück. Doch irgendwann sind wir wieder beim Ausgang und begeben uns auf den Aussichtsturm, von wo man eine hervorragende Sicht auf die verwirrende Anlage hat.

 

Eine atemberaubend Schlucht die Ihresgleichen sucht

Südlich von San Rafael biegen wir von der Hauptstrasse ab, immer am Rio Atuel entlang. Anfangs zieren noch etliche Rafting- und Abenteuer Organisationen die Strasse, immer in der Hoffnung des ultimativen Kicks für ihr Klientel. Daneben befinden sich gleich die dazugehörige Unterkunft mit Sicht auf den schäumenden Fluss. Wir machen einen Café-Halt und beobachten die meist junge Abenteuer Schar, die bewaffnet mit Helmkamera und Schwimmweste auf dem Wildwasser-Raftingboot den Rio Atuel durchpflügen.

Doch langsam weicht das Asphaltband einer Sandpiste und der Verkehr nimmt deutlich ab. Hier gefällt es uns schon merklich besser. Wir durchqueren eine so atemberaubend schöne, farbenprächtige Schlucht, dass wir spontan beschliessen, hier zu übernachten. Die Einheimischen vergleichen die Atuel-Schlucht gerne mit dem Grand Canyon in Arizona, was wir nur bejahen können.

Auf diesem tollen Fleckchen Erde vergehen ein paar Tage an der Sonne oder baden im klaren Fluss wie im Fluge.

Als nächstes wollen wir den bekannten Ski Ort „Las Lenias besuchen, da, wo unsere Ski Nationalmannschaft während mehrerer Jahre ihr Sommertraining absolvierte.

Doch dies im nächsten Bericht.

Nun wünschen wir euch noch ein paar schöne Wintertage und grüssen aus der Ferne

Ruth und Walter