Uruguay hat uns wieder

Mit gemischten Gefühlen machen wir uns am 8. November 2023 auf den Weg zum Flughafen. Unser Gepäck ist vollgestopft mit allerlei leckeren Sachen, welche uns in Übersee das Reisen etwas versüssen sollten.

Zusätzlich ist in letzter Minute noch das Dachfenster bei uns eingetroffen, das wir für Felix und Tina mitnehmen, dessen eigenes defekt ist.

Das Teleobjektiv für Richard und Sylvia, die schon länger in Südamerika unterwegs sind, ist ebenfalls noch im Handgepäck.

So vollgepackt betreten wir nach einem 15’stündigen Flug die Ankunftshalle in Montevideo. Das Gepäck wird ein letztes Mal gescannt und oh Schreck, der Zollbeamte fordert uns auf, die Koffer zu öffnen. Hat er wohl die Schokolade, die gemahlenen Haselnüsse oder eine andere Leckerei auf dem Monitor entdeckt, die er seiner Frau mitnehmen kann? Bevor er weiter in der Tasche wühlt verwickle ich ihn in ein Gespräch über unsere Reise die ihn brennend interessiert. Kurz darauf können wir unsere Koffer schliessen und sind draussen mitten in der prallen südamerikanischen Sonne. Da vollführt Ruth vor lauter Glück einen riesigen Luftsprung, da so viel Last von ihr abgefallen ist.

Nueva Helvetica

Nueva Helvetica, die neue Schweiz. Auf diesem Platz liessen wir unser Fahrzeug vor 6 Monaten in der Obhut von Rolf stehen, der hier ein Hotel und einen Campingplatz betreibt. Die bange Frage, die uns immer wieder beschäftigt hat war:

  • Wie hat unser Suri die Zeit überdauert?

  • Gibt es im Innern Kondenswasser?

  • Gibt es irgendwelche Schäden?

  • Können wir ihn nach all den Monaten wieder starten?

Unsere Sorgen waren völlig unbegründet. Da Rolf die Batterie mehrmals an den Strom angeschlossen hat, können wir ihn ohne Probleme starten. Wie ein Kätzchen schnurrt er gemächlich vor sich hin als wollte er uns sagen: „Steigt ein, ich will endlich wieder auf Tour!“

Doch vorerst müssen wir noch in der Garage die Glühkerzen wechseln, die wir aus der Schweiz mitgenommen haben. Bei Temperaturen unter Null hatte er gelegentlich Mühe zu starten und wenn er einmal in die Gänge gekommen ist, kam ein Schwall von schwarzem Rauch aus den Rohren. Ein typischer Fall von defekten Glühkerzen.

Am nächsten Tag fahren Tina und Felix, siehe Begegnungen, auf den Platz. Wir waren schon lange in Kontakt, sind uns aber noch nie persönlich begegnet. Voller Freude nehmen sie das neue Dachfenster in Empfang und montieren es sogleich an ihrem Landcruiser, welcher fast ein Ebenbild unseres Suri ist. Es sind noch Dorli und Wolfgang, die über 80’jährigen Weltenbummler mit ihrem selbstgebauten IVECO auf dem Platz und am nächsten Tag trudeln ebenfalls die beiden „andern“ Odermatt’s Edi und Brigitte bei uns ein. Somit sind 4 Schweizer Fahrzeuge auf dem Camping von Rolf und es wird eifrig gegrillt, getrunken und geplaudert. 8 Deutsch-Schweizer Langzeitreisende an einem Haufen, das gab es noch nie auf all unseren Reisen.

Mit Tina und Felix auf dem Camping Nueva Helvetica

Zusammen mit den rüstigen 83 jährigen Langzeitreisenden Wolfgang und Dorli. 

Jeden Tag schwimmen wir im Pool von Rolf unsere Runden. 

Zylinderputzer im Sommer

Vor ein paar Tagen hat Rolf’s Berner Sennenhund 12 Junge geboren, wovon 10 überlebt haben. Es ist ein grosser Spass, den kleinen Welpen beim Spielen zuzusehen.

Paraizo Suizo

Nach 4 Tagen starten wir erstmals so richtig unseren Suri für eine längere Tour. Die Strecke führt uns nördlich von Montevideo nach Piriapolis, da wo Heinz und Silvia ihren Campingplatz betreiben. Eine schöne Fahrt durch das beschauliche Hinterland Uruguays. Farmland, Kühe und nochmals Kühe prägen das Landschaftsbild. Eigentlich eine entspannte Fahrt, wenn nur das Problem mit dem Tanken nicht wäre. Jetzt hat schon die dritte Tankstelle geschlossen und wir werden immer weiter gereicht. Kurz bevor sich die Nadel der Anzeige gefährlich dem Tiefpunkt zu bewegt, finden wir doch noch eine geöffnete Tanke. Der Tankwart erzählt uns: „Benzin ist eigentlich genügend vorhanden aber die Lastwagenfahrer streiken wieder einmal. Dies ist ein nerven tötendes, jährlich wiederkehrendes Ritual gegen Ende des Jahres. Es stehen Tarifverhandlungen an und dabei ist der Streik ein förderliches Mittel um die Arbeitgeber unter Druck zu setzen um den eigenen Forderungen mehr Gewicht zu verleihen.“

Als wir ankommen sind Tina und Felix auch schon eingetroffen und zusätzlich noch ein paar Deutsche und Franzosen, die sich nach einem Heimaturlaub ebenfalls aufmachen, ihre Camper startklar zu machen. Mindestens 10 Reisemobile aus aller Welt befinden sich noch immer auf dem weitläufigen Gelände von Heinz und Silvia und warten, bis ihre Besitzer sie aus dem Dornröschenschlaf erwecken.

Nicht weit vom Campingplatz entfernt befindet sich das Meer mit seinen endlosen Sandstränden. Das Wasser ist immer noch sehr kalt und soweit wir sehen, getraut sich niemand sich in die braunen Fluten zu stürzen. Warum braun? Nicht weil das Wasser schmutzig ist, das geht auf die grossen Mengen an Sedimenten zurück, die der 800 Kilometer lange Strom, der aus dem brasilianischen Bergland kommt, mit sich führt.

Los Dedos

Nach 2 Tagen brechen wir erneut auf Richtung Punta del Este. Das Wahrzeichen dieser quirligen Stadt sind die „Los Dedos“ (die Finger), die am Nordost Ausgang der Altstadt auf der Playa Brava aus dem Sand ragen. Selbst jetzt, in der Nebensaison, hat es etliche Touristen, die fleissig Gruppenbilder und Selfies vor dieser Sehenswürdigkeit schiessen. Wir möchten uns lieber nicht vorstellen, was hier in der Hauptsaison los ist.

Dann ist Punta del Este Partyhochburg, die Strände sind überfüllt und die Zimmerpreise verdoppeln sich. Keine gute Reisezeit für einen Urlaub in Uruguay.

Punta del Este ist ein Urlaubsort auf einer schmalen Halbinsel im Südosten von Uruguay. 

Nationalpark Santa Teresa

Die letzten Tage in Uruguay verbringen wir an einem teuflischen Ort, nämlich in „Punta del Diablo“. Hier haben wir vor genau 13 Jahren unser Fahrrad einem heimischen Künstler verschenkt. Sein Name ist Gustavo. Ihn zu finden erweist sich als aussichtslos. Sämtliche Fischer oder Rentner die wir ansprechen schütteln nur den Kopf und meinen, in dieser Zeit hat sich viel verändert. Müde vom vielen erfolglosen Fragen setzen wir uns in ein Strandrestaurant und essen etwas, was sich nicht verändert hart, das Nationalgericht „Chivito“. Ein mächtiges Steak-Sandwich mit Käse, Speck, Ei, Tomate und Oliven.

 

Von unserem wilden Übernachtungsplatz oberhalb des Strandes machen wir lange Spaziergänge zum Nationalpark Santa Teresa. Die „Playa Grande“ hat uns richtiggehend umgehauen. Der Strand ist unendlich lang und von hohen Dünen gesäumt. Von hier aus sieht man keine menschliche Ansiedlung nur die verwaisten Aussichtsplattformen der Rettungsschwimmer. Wir haben den Strand nur für uns alleine, keine Menschenseele weit und breit. Die Playa Grande ist der perfekte Ort für Strandliebhaber und gewiss einer der schönsten Strände Uruguays.

Nach nur einer Woche verlassen wir das Land der Gauchos, das Land der 12 Millionen Kühe und nur 3 Millionen Einwohner. Immer wieder hat uns Uruguay aufs Neue fasziniert. Zum Glück bewegt sich dieses kleine Land noch abseits aller Touristenmassen, denn genau dies macht es so sympathisch.

Morgen steht ein anderes Land auf unserem Programm. Mit über 200 Millionen Einwohner ist Brasilien ein anderes Kaliber. Was wir hier erleben, bei gegenwärtig fast 50 Grad in Rio de Janeiro und Regenzeit im Amazonasbecken erfährt ihr dann im nächsten Bericht.

Alles Gute wünschen euch

Die Reisenomaden

Ruth und Walter