Abschied nehmen

Der Tag X ist angebrochen.

Jetzt heisst es, den Suri für die grosse Reise bereit machen. Laut Angaben der Verschiffungs-Agentur dürfen keine Lebensmittel, keine Medikamente, keine Öle, keine brennbaren Flüssigkeiten, keine unter Druck stehenden Behälter und kein Gas im Fahrzeug sein.

Dass keine Drogen oder Schusswaffen im Auto sein dürfen, versteht sich von selbst.

Einen ganzen Tag wird geputzt, Sachen ausgeräumt, verstaut und weggeschmissen. Am meisten Schmerzen bereitet mir das Ausbauen unserer Gasflasche mit dem spezial Anschluss. Die darf auf keinen Fall mit aufs Boot auch wenn sie leer ist.

Ein paar Lebensmittel wie Kaffeebohnen aus der Schweiz, Gewürze und Risotto Reis, finden im doppelten Boden, entgegen den Anweisungen, eine neue Bleibe. Die findet keiner. Hoffentlich!

Abgabe des Fahrzeugs in Buenos Aires / Zarate

Schon früh am Morgen stehen wir am Mittwoch, 12. Februar, am Tor des Terminals in Zarate. Unzählige LKW’s fahren an uns vorbei. Es herrscht ein geschäftiges Treiben in und um den Hafen.

Roswita, die Kontaktperson des Spediteurs, erwartet uns schon sehnsüchtig im Eingangsbereich des Hafenterminals. Mit uns ist noch ein Paar aus Dänemark und ein Paar aus den USA anwesend, die ebenfalls ihr Fahrzeug nach Veracruz verschiffen werden.

Als erstes gibt es für die Halter der Fahrzeuge einen temporären Ausweis mit Foto und Passnummer. Ohne dieses Papier dürfen wir den Hafenbereich nicht betreten. Danach werden wir gescannt, holen die Fahrzeuge und fahren durch die Schranke in den eigentlichen Hafenbereich.

Nach einer längeren Wartezeit kommen endlich die Leute von der Hafensicherheit. Ihre Aufgabe ist die Begutachtung der Fahrzeuge. Akribisch werden alle Schubladen und Schränke geöffnet, es wird hinter die Kleider geschaut, die Teller weggeschoben, der leere Gasflaschen Raum kontrolliert und unzählige Fotos gemacht. Eine Hand voll Gegenstände, siehe Foto, halten den strengen Sicherheitsvorkehrungen nicht stand. Einzelne Büchsen wie Silikon und Fettsprays dürfen wie der Gasanzünder nicht mit an Bord des Schiffs. „Die könnten explodieren“, verkünden sie mit grimmiger Miene.

Ärgerlich, aber dem Himmel sei dank, haben sie das Geheimfach nicht entdeckt. Das hätte ins Auge gehen können.

Gordon, der versucht hat, die leere Gasflasche gut verstaut doch mitzunehmen, steht enttäuscht neben seinem Camper, als der Beamte sein „todsicheres“ Versteck aufmacht.

Was ist das“ fragt der Beamte, „das ist illegal“! Mit hängendem Kopf baut Gordon die Gasflasche aus und stellt sie draussen neben das Fahrzeug.

 

Als nächstes kommt der Drogenhund. Wild schnüffelnd steigt er mit seinem Herrchen in den Suri, riecht in alle Schäfte, steigt mit seinen nassen Pfoten auf das Polster und gibt schlussendlich das schwanzwedelnde OK, was soviel heisst wie, „der Suri ist Drogenfrei“!

Als letztes werden wir zur Immigration zitiert. Das Ausfuhr-Dokument wird abgestempelt, es braucht einige Unterschriften und danach heisst es Abschied nehmen.

Sämtliche Schlüssel des Suri müssen im OFFENEN Fahrzeug hinterlegt werden. Nun könnte jeder rein und das passende für sich mitnehmen. Doch wir sind optimistisch und gehen nicht vom „worst case“ aus. 

Mit einem mulmigen Gefühl verlassen wir 3 mit dem Hafentaxi das abgesperrte Gelände und fahren zu unseren Frauen zurück, die uns schon sehnlichst erwarten.

Übrigens, wollt ihr etwas detailliertere Auskunft über das Verschiffungs-Prozedere, schaut doch unter „Tipps & Tricks“ / „Verschiffung“. Da gibt es genauere Angaben.

Buenos Aires

Für die 2 Wochen in der Hauptstadt von Argentinien haben wir uns ein Airbnb gemietet. Es liegt optimal mitten in der Altstadt, in Gehdistanz zu den örtlichen Sehenswürdigkeiten.

Mit einem Hop-On / Hop-Off Bus verschaffen wir uns erst mal einen Überblick über die Millionenstadt. Die ganze Tour dauert etwa 3 Stunden, aber an den besonders interessanten Orten hält der Bus und man kann zu Fuss die Gegend erkunden.

An der Plaza de Mayo mit seinen vielen prächtigen Gebäuden, wie der Banco de la Nacion, dem alten Rathaus, steht auch der imposante Regierungssitz des Präsidenten, der übrigens noch nicht vom jetzigen Präsidenten mit der Kettensäge in seine Bestandteile zerlegt wurde.

Fährt man weiter gegen Süden, so kommt man in den Stadtteil San Telmo, der als einer der ältesten der Stadt zählt. Hier dominieren Altbauten aus dem 19. Jahrhundert das Strassenbild. Wir kehren ein in eines der vielen Lokale, genehmigen uns einen Espresso Cortado und schauen dem emsigen Treiben in der bekannten Markthalle zu.

Der Bus macht einen weiteren Stop im Strassenviertel von La Boca. Hier befindet sich ein Museum für den bekannten und und von den Einheimischen abgöttisch verehrten Diego Maradona. Dahinter liegt das 60’000 Besucher fassende Stadion La Bombonera. Die Häuser sind in bunten Farben bemalt und es gibt eine reichhaltige Auswahl an Läden und Souvenirshops. Es macht Spass durch die engen Gassen zu schlendern, hin und wieder einzukehren, sowie den immer wieder auftauchenden Tangotänzern zuzusehen.

La Recoleta, der pompöse Friedhof

Am nächsten Tag erkunden wir ein weiteres Highlight von Buenos Aires, den Friedhof La Recoleta. Hier sind nahezu 5000 monumentale Grabstätten zu bewundern, die allesamt sehr aufwändig verziert und grösstenteils aus massigem Marmor erstellt wurden. Einige von ihnen stehen unter Denkmalschutz.

Hier wurden zahlreiche Persönlichkeiten begrabe, so neben Präsidenten auch hochrangige Militärs, wohlhabende Geschäftsleute, Schauspieler, Schriftsteller und natürlich das bekannteste und meist besuchte Grab von Eva Peron, der Frau des Präsidenten Juan Peron.

Beim angrenzenden Park befindet sich der über 200 Jahre alte Gummibaum namens Gomero de la Recoleta mit seinen weit ausladenden Zweigen, die teils mit Kunstwerken gestützt werden müssen.

Tango Tanzen in Buenos Aires

Die Argentinier lieben ihren Tango. Bereits am Nachmittag geben sich die Portenio ihrer Leidenschaft hin. Überall in der Stadt wird getanzt, die Musik ist allgegenwärtig.

Wir buchen eine professionelle Tangoshow in Puerto Madero, im alten Hafenbereich. Hier prallen Welten aufeinander. Glitzernde Wolkenkratzer ragen hinter den Bäumen des Naturreservats auf. Die Hochhäuser gehören zum früher verwahrlosten, heute modernisierten Hafenareal.

Als erstes gibt es ein 3-Gang Menu, bevor die eigentliche Vorführung beginnt.

Der Tango wurde sozusagen in den Bordellen von Buenos Aires geboren. Viele Tango-texte stammten aus der Arbeiterklasse. In ihren Liedern ging es um die teilweise erbärmlichen Lebensbedingungen in der Vorstadt und um den Alltag der Arbeiter. Tango, das ist Ausdruck von Leidenschaft, von enttäuschter Liebe, Heimweh, Traurigkeit und Schmerz.

Die ganze Show ist mehr ein Musical, ein Theater mit verschiedenen Tango Einlagen.

Wir haben einen tollen Blick auf die Bühne und sind total begeistert von den feurigen und leidenschaftlichen Tänzerinnen und Tänzern. Es ist ein Paartanz mit abrupten Wechseln in Tempo und Bewegungsabläufen. Die Frauen in eleganten, der Figur schmeichelnder Kleidern und die Herren in weissen Hemden, schwarzen Hosen und Hosenträgern. Zusammen schweben sie leidenschaftlich über das Parkett.

Es ist eine wohltat für die Sinne.

Die schönsten Cafés

Wir sind begeistert von den wunderschönen, im Style der Belle Epoque gehaltenen Cafés in der Innenstadt. Essen und Trinken steht ganz oben auf der Prioritäten-Liste der Portenios, wie die Einwohner von Buenos Aires genannt werden. Hier sind ein paar unserer liebsten Cafés aufgelistet.

Café Ideal

Eindeutig unser Favorit unter den traditionellen Cafés von Buenos Aires. Das geschichtsträchtige Kaffeehaus lebt seine Kultur und lockt mit modernen Patisserie-Kreationen. Das Ambiente ist einzigartig ebenso wie seine Preis Gestaltung.

Café Las Violetas

Ein wunderschönes, traditionelles Café mit unzähligen Süssspeisen in einer formvollendeten Location. Die weiss/schwarzen Boden-Platten, die hohen Decken und die Holz-Sessel versprühen kolonialen Charm pur.

Café Tortoni

Das wahrscheinlich berühmteste Café von Buenos Aires ist ein echter Touristenhotspot. Bei unserem Eintreffen gibt es bereits eine lange Schlange vor dem Eingangsbereich. Da braucht es Durchhaltevermögen.

Das wunderschöne Interieur erinnert ein wenig an die alten Wiener Kaffeehäuser und entschädigt für das lange Anstehen. Im Jahr 1825 gegründet, beeindruckt das Tortoni nicht nur mit seinen berühmten Besuchern wie Albert Einstein, Hillary Clinton oder Katy Perry, sondern auch mit einem tollen, teuren Kuchenangebot und regelmässigen Tang-Veranstaltungen.

Auf nach Mexiko

In der Zwischenzeit gondelt unser Suri irgendwo im Südatlantik auf der Höhe von Salvador, Brasilien. Wenn ihr es genau wissen wollt, hier ist der Link:

https://www.marinetraffic.com/es/ais/details/ships/shipid:463515/mmsi:372805000/imo:9442861/vessel:FLORIDA_HIGHWAY

Lange haben wir darüber nachgedacht, ob wir nach Mexiko City oder nach Yukatan fliegen sollen. Irgendwie muss man schliesslich die 5 Wochen ohne Fahrzeug überbrücken. Schlussendlich haben wir uns für die 2. Variante entschieden, denn erneut einer Millionenstadt ausgesetzt zu sein, das wollen wir uns zu jetzigen Zeitpunkt nicht antun.

Nach 9 Stunden Flug landen wir in Cancun, Mexiko. Die 4 Zimmer Wohnung, die wir über Airbnb gemietet haben, ist riesig und im Gegensatz zum winzigen Wohnraum des Suri geradezu monumental. Es gibt einen Pool, Einkaufsmöglichkeiten sind in der Nähe damit wir auch selber kochen können und wenn uns die Gelüste nach der mexikanischer Küche steht, gibt es einige gute Restaurants und Gelaterias in Geh-Distanz. Wahrlich, es gibt schlechtere Orte um auf sein Fahrzeug zu warten!

Unter Palmen

Wir mieten uns ein kleines Auto und erkunden die nähere Umgebung von Cancun. In der sogenannten Hotelzone, dem vorgelagerten Küstenstreifen von Cancun, gibt es hunderte von all inklusive Hotels. Gerade in diesem Segment findet täglich die Weltmeisterschaften im Liegen-Reservieren statt. Ob vor dem Frühstück oder abends spät, mein Liegestuhl ist meiner, weil da mein Badetuch drauf liegt. Natürlich fragt sich da der anständige Neuling nach dem Frühstück, warum alle 200 Liegen reserviert sind, aber weit und breit kein Mensch zu sehen ist!

Dieser Yankee-Tourismus in der Hotelzone ist für die Mexikaner ein richtiger Goldesel. Den Amerikanern mit ihren locker sitzenden „Dollares“ scheinen überhöhte Preise egal zu sein.

Doch es gibt auch positives zu vermelden. Der Karibikküste vorgelagert ist das gewaltige „Mesoamerikanische Barriere-Riff“ das sich über 1000 km bis nach Honduras erstreckt. Trotz all den Menschenmassen, man kann sie hier noch finden, Traumtage unter Palmen mit schwimmen im kristallklaren Wasser, welches weisse, puder-feine Korallensandstrände leckt. Unser Favorit ist bis jetzt die Playa Tortuga mit seinem türkisblauem Wasser.

Isla Mujeres

Vor über 40 Jahren, waren wir das 1. Mal mit unserem Wohnmobil, das wir 1980 in Florida gekauft haben, auf der Isla Mujeres. Zu dieser Zeit war die Insel ein kleines Fischerdorf. Wir konnten unser Fahrzeug direkt unter den Kokospalmen parkieren und die Hängematten daran befestigen. Es war eine traumhafte, unbeschwerte Zeit. Doch die Welt verändert sich und mit ihr dieses kleine Eiland.

Nun ist sie eines der beliebtesten Reiseziele an der Riviera Maya, gerade deshalb, weil die Playa Norte zu einer der zehn besten Strände der Welt gekürt wurde.

Trotz der Massen an Touristen, sind die Strände immer noch 1A, aber das drumherum hat sich gewaltig verändert. Jeder freie Platz ist besetzt mit Hotels, Restaurants, Discos und Boutiquen für die zahlungskräftigen Urlauber. Wo wir einst geschnorchelt haben müssen wir jetzt sage und schreibe 95 US Dollar Eintritt bezahlen. Dafür ist das ganze Unterhaltungsprogramm inklusive, welches wir allerdings gar nicht wollen.

Einen Tag in der Shopping-Meile flanieren ist ja zwischendurch vertretbar, doch etwas mehr Privatsphäre wäre ganz angenehm.

Cenoten

Mit unserem kleinen „Pfupfer“ fahren wir südwärts und erkunden die Umgebung. Das Ziel, die Cenote „Aldea Kinich“. Eine Cenote muss man sich folgendermassen vorstellen, wie eine Höhle die teilweise mit Süsswasser gefüllt ist. Cenote stammt aus der Mayasprache und bedeutet, „heilige Quelle“. Man nimmt an, dass dieses Höhlensystem, das zum grössten Teil unter Wasser steht, der Grund für die Entwicklung der Maya-Zivilisation in Yucatan ist.

Uns auf jeden Fall dient diese Wasserhöhle nicht als Brunnen wie zur Mayazeit, sondern als Bade- und Erholungsplatz. Es wird ein kleines Eintrittsgeld von der mexikanischen Familie verlangt, auf dessen Grundstück sich die Höhle befindet und anschliessend machen wir uns mit einem Guide auf zur Höhlenerforschung. Der vordere Teil des glasklaren, unterirdischen Sees ist hell erleuchtet. Danach geht ein kleiner Kanal zu einer Tropfsteinhöhle. Hier schwimmen wir ganz alleine zwischen Stalaktiten und Stalagmiten.

Doch so ganz alleine sind wir dennoch nicht. Durch das plötzliche Licht erwecken wir die schlafenden Fledermäuse am Deckenrand. Diese fliegen jetzt wild um unsere Köpfe als wollten sie uns sagen: „Haut ab aus unserem Revier, ihr habt hier nichts verloren.“

Das Warten unter Palmen

Wir bleiben noch eine Woche in unserem schönen Appartement, bevor wir unsere 4 Wände mit einem andern Airbnb direkt am Meer eintauschen.

Die Maya Ruinen in Tulum oder Bacalar mit seiner Lagune der 7 Farben, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt zusammen mit unserem Suri erkunden. Zur Zeit schippert er Richtung Dominikanische Republik und danach geht`s nach Cartagena, Kolumbien. Bis er dann zur Abholung in Veracruz ist, werden noch ein paar Wochen vergehen. In der Zwischenzeit machen wir es uns unter den Palmen gemütlich. Wahrlich, es gibt schlimmere Orte um auf sein Fahrzeug zu warten.

Wie das Hafen-Prozedere in der Großstadt Veracruz abläuft und ob er unversehrt den Zielhafen erreicht, erfährt ihr im nächsten Bericht.

Nun wünschen wir euch ein paar sonnige Tage zum baldigen Frühlingsanfang und grüssen herzlich aus der Ferne.

Eure Reisenomaden

Ruth und Walter