Chile, wir kommen

Bitte öffnen Sie den Kühlschrank, danke, und nun das obere Staufach, die untere Schublade….., nein, die zwei Kartoffeln und die Zwiebel, bitte in den Plastik Sack für die Entsorgung.“

So begrüsst uns der nette, gesetzeskonforme Zöllner auf der chilenischen Seite des Grenzübergangs. Unser Geheimfach mit den getrockneten Steinpilzen, den Körnern und der Schweizer Schokolade blieb zum Glück unentdeckt, sonst hätte noch viel mehr den Weg in den Abfalleimer oder in die Küche des Zollbeamten gefunden.

Ein heisses Bad kann nicht schaden

Nach 2 Regentagen hat das Wetter wie gewünscht gewechselt. Die dicken Wolken und der Nebel sind herrlichem Sonnenschein gewichen. Der schneebedeckte Vulkanberg Villarica glänzt mit seiner glatten, weissen Oberfläche im Kontrast zum blauen Himmel und der grünen Wälder.

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen der Entspannung. Wir fahren zu den Termas „Los Pozones“, einer der zahlreichen, beliebten Termen in der Region. Allein die Anfahrt durch die vegetationsreiche Umgebung mit seinen Wald- und Seenlandschaften lädt zum Abschalten und Entspannen ein. Die noch immer aktiven Vulkane sorgen dafür, dass das austretende Wasser nur so brodelt und zischt.

Unsere heissen Quellen bestehen aus 6 individuellen Becken, alle aus Feldsteinen geformt und mit 35 – 48 Grad heissem Wasser gefüllt.

Es ist eine natürliche Pollandschaft mit heilenden Mineralien und Balsam für die Seele eines Jeden.

Pucon, am Fusse des ewig rauchenden Vulkans Villarica

Das hübsche, touristische Städchen Pucon mit seinen schmucken Holzhäusern und gemütlichen Cafés ist neben Villarica eines der Zentren des chilenischen Tourismus. Es verdankt dieses Privileg seiner einzigartigen Lage am Ostufer des Lago Villarica, direkt zu Füssen des fast unablässig rauchenden und mitunter nachts rot glühenden Vulkans. So haben wir den Vulkan vor ein paar Jahren erlebt, als wir ihn zusammen mit einer Reisegruppe bestiegen haben und auf dem Kraterrand in seinen brodelnden, kochenden, Blasen werfenden Schlund reingeschaut haben.

Doch nun thront er friedlich oberhalb der Stadt.

Doch diese Ruhe darf nicht darüber hinweg täuschen, dass der Villarica einer der aktivsten und zugleich gefährlichsten Vulkane Südamerikas ist. Er wird permanent kontrolliert und die Aktivität auf Gefahren hin eingestuft. So gibt es eine grüne, orange und rote Linie bis zu der man aufsteigen darf. Bei zu grosser Gefahr wird er gänzlich gesperrt.

Ein Ausblick für Götter

Vom kleinen Ort „Coniaripe“ fahren wir durch Südbuchen-Wälder hinauf zum Parkeingang des N.P. Villarrica. Da lassen wir das Auto stehen und wandern entlang eines Gebirgsbachs, dessen Ränder dicht mit hohem Bambus überwuchert ist, einen steilen Pfad empor. Fuchsien, Lilien und Lupinen sind unser ständiger Begleiter.

Je höher wir den Weg erklimmen, desto mächtiger werden die Aurakarien. Diese werden bis zu 1000 Jahre alt und erreichen hier eine Höhe von 40 Metern.

 Plötzlich lichtet sich der Wald und vor uns breitet sich eine hügelige, schwarze Asche-Landschaft aus. Wir haben den Aussichtspunkt „Mirador los Volcanes“ erreicht. Mehrere Vulkane sind von hier aus zu sehen, wobei der impossante „Vulkan Villarica“, mit seinem weissen Sahnehäubchen, der Beeindruckendste ist.

Bevor es uns den Abhang hinunter bläst, machen wir uns auf den Rückweg.

Beim Suri angekommen sind wir fix und fertig. Es gibt nur noch eine kurze Fahrt zum nahegelegenen See, wo wir uns direkt an seine Ufer stellen und einen geruhsamen Abend verbringen.

Natürlich mit einem erneuten Blick auf den wolkenfreien Vulkan Villarica.

Salto Huilo Huilo

Nur ungern trennen wir uns von unserem Strandcamp in Coniaripe, wo gegen Mittag die chilenischen Familien die Ufer in Beschlag nehmen. Bepackt mit Kühltaschen und Sonnenschirmen machen sie sich im Schatten bequem. Die meisten stehen bis zum Knie im Wasser, denn zum schwimmen ist es den meisten zu kalt. Nur die Kinder spielen mit klappernden Zähnen stundenlang im Wasser.

 

Auf einer Naturpiste fahren wir weiter am Lago Neltume entlang bis zum Nationalpark Huilo Huilo.

Dieser wunderschöne Wasserfall, es sind eigentlich deren zwei, stürzen in die tiefe Schlucht des Rio Fuy und sind gewiss die höchsten und eindrucksvollsten Chiles. Auf einer mehrstündigen Wanderung erkunden wir anschliessend den üppigen Bambus-Wald des Parks.

Wildwasser Rafting auf dem Rio Fuy. Die Chilenen lieben dieses Spektakel.

Pancho der Tiger

Von wo seit ihr und wie habt ihr euer Wohnmobil verschifft,“ fragt uns der nette ältere Herr, kaum sind wir ausgestiegen im kleinen Städtchen Lago Ranco.

Ich bin hier mit meiner Frau, mache einen Ausflug, aber wenn ihr in Osorne vorbeikommt, müsst ihr mich unbedingt besuchen. Ich besitze die Botilleria El Tigre und wenn ihr kommt, offeriere ich euch einen Wein.“

Ein paar Tage später sind wir tatsächlich in Osorno in seiner Weinhandlung. Kaufen ein paar Flaschen Wein und Pancho zeigt uns voller Stolz sein nach Alkohol duftendes Reich.

Einmal quer durch die Seenlandschaften

Die Chilenische Seenlandschaft ist einfach phänomenal. Wie Perlen an einer Schnur prägen die türkisblauen Gewässer die aussergewöhnliche Landschaft. Der einzige Wermutstropfen, man kommt nur schwerlich an dessen Ufer. Das meiste ist in Privatbesitz. Doch schaut man genauer hin, spricht hi und da mit einem Einheimischen, dann öffnet sich plötzlich ein kleiner Weg der direkt zum See führt.

So ein kleiner Geheimtipp haben wir nun gefunden, besser gesagt, wieder gefunden. Schon vor 12 Jahren waren wir ein paar Tage hier, haben Wäsche gewaschen, geschrieben, gelesen oder einfach relaxt.

Jetzt, Jahre später, gibt es frische Weihnachts-Guezli aus dem Suri Backofen. Mmmhh, ich kann euch sagen, so abseits der Heimat, ohne Schnee dafür mit viel Sonne, schmecken die Mailänderli doppelt so gut.

Im Kuchenland

Frutillar und Puerto Octay, die wir als nächstes ansteuern, sind beliebte Ferienorte am Lago Llanquihue. Viele deutsche Siedler haben im 19. Jahrhundert in dieser Gegend eine neue Bleibe gefunden. So flanieren wir durch die malerischen Strassen die oftmals deutsche Namen haben und können kaum einem Schild widerstehen mit der Aufschrift „frische Kuchen“.

Eigentlich wollten wir etwas kleines Essen aber am Schluss sitzen wir vor einer Schwarzwälder-Torte oder einem Blaubeer-Streusel-Kuchen.

In Puerto Varas treffen wir erneut auf Bea und Rolf. Kennengelernt haben wir uns vor 12 Jahren im südlichen Patagonien. In der Zwischenzeit wohnen sie etwas ausserhalb von Mendoza, wo sie sich ein Stück Land gekauft haben.

Hier in Puerto Varas werden wir spontan von Jorge eingeladen. „Ihr könnt bei mir schlafen und duschen, ich wohne gleich um die Ecke,“ meint er mit einem lächeln im Gesicht.

Gerne nehmen wir die Einladung zur Dusche an, aber schlafen möchten wir doch lieber im Suri. Vielen Dank Jorge.

Faszination der Virtuosen

Im Tourismus Büro in Frutillar teilt uns die nette Dame mit: „Erst im Januar finden in der hiesigen Konzerthalle erneut klassische Konzerte statt.“

Doch was für ein Glück, spielt doch der weltbekannte, weitgereiste Pianist Walturos Odermattos, extra für uns ein unvergessliches openair Klavierkonzert.

Weihnachten zwischen Flüssen, heissen Quellen und Vulkanen

 Kurz entschlossen biegen wir bei der Hinweistafel „Termas Aguas Calientes“ ab, schultern die Badetücher und begeben uns zu den heissen Quellen. Wunderbar eingebettet in die postkartenreife Landschaft mit dem Vulkan „Yates“ im Hintergrund, befinden sich 5 heisse Pools beim Fluss Cochamo, was soviel heisst, „wo sich die Wasser treffen.

Wir buchen gleich einmal ein privates „Hot Tube“, eine Wanne mit natürlichem Thermalwasser. Welch eine Wohltat.

Lago Tagua – Tagua

Zwischen Puerto Montt und der argentinischen Grenze, irgendwo südlich am Zusammenfluss des Rio Puelo mit dem Rio Ventisquero, weit abgeschieden von der Zivilisation, feiern wir Weihnachten. Die Sonne strahlt von einem fast wolkenlosen Himmel. Nur ein paar Federwolken erscheinen als leuchtend weisse, zarte Fäden mit einem seidigen Schimmer am Horizont. Ansonsten Ruhe pur bei angenehmen 26 Grad.

Eigentlich wollten wir gar nicht hierhin, aber bei der Fähre über den Lago Tagua – Tagua spricht uns ein Mann an.

Hallo ihr zwei“, spricht uns der amerikanisch / chilenische Pickup Fahrer an, „wohin wollt ihr und wie lange seid ihr schon unterwegs?“

Eigentlich die üblichen Smalltalk Fragen, aber daraus entwickelt sich ein interessantes Gespräch.

Es handelt sich dabei um Vicente und Elfi, die fast 100 km südlich von hier ihren Wohnsitz haben. Vicente besitzt ein eigenes Flugzeug, ist Buschpilot, hat eine Baufirma und meint: „Ihr müsst unbedingt die Fähre über den Tagua – Tagua nehmen. Kostet fast nix, denn sie ist vom Staat subventioniert. Ich kenne fast ganz Chile und dieser Teil hinter dem See ist mein absoluter Favorit. Fährt einfach nach der Fähre noch 45 km südwärts auf der Schotterpiste und danach weiss ich ein Plätzchen, das euch garantiert gefällt.“

Keine Frage, Vicente hat uns überzeugt. Wir ändern die Pläne, nehmen die kleine Fähre und fahren zu den Koordinaten die er uns gegeben hat.

Hier stehen wir 5 Tage auf einer grossen, mit Wildblumen übersäten Wiese direkt am Rio Ventisquero. Niemand ist zu sehen, kein Haus und keine künstlichen Lichter. Für uns das absolute Paradies, wie man es fast nirgendwo noch findet, aber, man muss die Einsamkeit lieben.

Die Tage vergehen mit langen Wanderungen in die nahen Berg, angeln im kristallklaren Fluss bis mir Ruth sagt: „Jetzt ist aber Schluss! Ich will nicht jeden Tag Fisch essen“, oder einfach gemütlich im Campingstuhl liegen und ein gutes Buch verschlingen.

 

Einen guten Rutsch und ein wunderschönes 2025

Wir danken euch allen, liebe Leserinnen und Leser fürs Mitreisen, die vielen Kommentare und Anregungen und hoffen, dass ihr auch weiterhin mit uns um die Welt zieht.

In diesem Sinne bleibt gesund und hebits guät.

Eure Reisenomaden

Ruth und Walter