Einladung zum Assado

Einen Tag nach Heiligabend, am 25. Dezember, erhalten wir ein Whatsapp von Vincente, ob wir nicht Lust hätten, sein abgeschiedenes Heim kennenzulernen.

Natürlich! Doch ab jetzt wird es abenteuerlich.

 Zuerst fahren wir noch eine Stunde auf sehr schlechter Piste, bis es für unseren Suri endgültig zu Ende geht. Nun packen wir unsere Rucksäcke und wandern bis zum angegebenen Punkt, der uns Vincente angegeben hat.

Kurz darauf rattert es und ein Unimoc kommt ums Eck geschossen.

Wir steigen ein und los geht die wilde Fahrt. Zu dritt überqueren wir den über einen Meter tiefen und 30 Meter breiten Rio Ventisquero. Das Wasser drückt durch die Beifahrertüre die auf 1,5 Meter liegt. Mit keinem andern Fahrzeug wäre diese Flussdurchquerung zu meistern, als mit jenem äusserst robusten Unimoc 4×4. 30 Minuten später, nach einer wilden Fahrt durch einen üppigen Sudbuchenwald, haben wir das Anwesen von Elfi und Vincente erreicht. Etwas abgelegeneres als dieses Haus gibt es gar nicht.

 Doch ein Buschpilot hat natürlich kein Pferd im Stall, sondern eine eigene Cessna auf der selbst angelegten Landebahn. So relativiert sich die Abgelegenheit dieses Landgutes doch um Welten. In 30 Minuten sind die beiden mit ihrem Flieger mitten in der Zivilisation, wogegen wir mindestens 24 Stunden brauchen.

 Es wird ein gemütlicher Tag bei einem feinen Assado, guten Gesprächen und einer übergrossen Portion der hauseigenen, süssen Kirschen zum Desert.

Vielen Dank ihr zwei, dass ihr uns einen Einblick in euer ganz spezielles Leben gewährt habt.

Auf der Carretera Austral

Mittlerweile sind wir schon zum 3. mal auf der Carretera Autral. Es ist eine 1240 km lange Strasse, die durch den nördlichen Teil des chilenischen Patagoniens führt. Ein grosser Teil davon ist immer noch unbefestigt, was auch einen Teil ihres Reizes ausmacht. Diese, auch als Ruta 7 bekannte Strasse verbindet ihren nördlichsten Punkt, Puerto Montt mit ihrem südlichesten Punkt, Villa O’Higgins.

Diese Strasse erstreckt sich über ein Gebiet, das im Osten durch die Anden von Argentinien und im Westen durch die engen Kanäle und Fjorde des Pazifiks begrenzt ist.

Diese Region gehört zu den am wenigsten bewohnten Gebieten in Chile, was dies für uns noch unwiderstehlicher macht.

Mit der Fähre zur eigentlichen Carretera Austral

Die Landschaft wird jeden Tag grüner und mystisch hängen die schummrigen Wolkenfetzen tief in den rauen Bergen. Wir befinden uns im Fjord von Hornopirén. Dieses kleine, anmutige Dorf ist umgeben von bewaldeten Bergen, die steil ins Meer abfallen.

In Hornopirén gibt es 2 Fährverbindungen pro Tag. Gerne wären wir am Mittag losgefahren aber diese war schon seit längerem ausgebucht. So genehmigen wir uns noch einen Cappuccino, bummeln durch das Dörfchen und sind am späteren Nachmittag pünktlich um 18:00 an der Anlegestelle.

Es ist eine beeindruckende Fahrt entlang von dunkelgrünen Berghängen, unzähligen Wasserfällen, versteckten Fjorden und weiss schimmernden Gletschern. Zwischendurch begleiten uns ein paar Delphine im Kielwasser der Fähre bis der Schleier der Nacht uns in den Suri treibt.

In Galeta Gonzales angekommen, suchen wir uns kurz vor Mitternacht auf einem dunklen Parkplatz eine Schlafgelegenheit und schlafen wie die Herrgötter, während die Regentropfen auf das Dach prasseln.

Chaiten und sein verhängnisvoller Vulkan

Bei strömendem Regen fahren wir am nächsten Tag nach Chaiten, dessen gleichnamiger Vulkan am 2. Mai 2008, also vor 16 Jahren ganz plötzlich zu neuem Leben erwachte. Damals hatte der Vulkanausbruch des Chaiten die Einwohner des 3000 Seelen Dorfes, das nur 10 km Luftlinie vom Gipfel entfernt liegt, völlig überrascht.

Eine gigantische Aschewolke stieg bis zu 20 km hoch auf, die in unmittelbarer Nähe des Vulkans eine mehrere Meter dicke Ascheschicht ablagerte. 2 Wochen später brach der Vulkan erneut aus. Zu dieser Zeit hatten die chilenischen Behörden den Ort bereits evakuiert.

Infolge starker Regenfälle entstanden Schlammströme, die durch den Rio Blanco flossen und sein Flussbett im Mündungsbereich verstopften. Der Fluss suchte sich einen neuen Lauf, mitten durch das Stadtzentrum von Chaiten.

Hunderte Häuser wurden weggespült oder überflutet. Eine 2,5 m hohe Sedimentschicht lagerte sich entlang des Flusses und in der Stadt ab.

Wir sprechen ein wenig mit der Dame von der Tourismus Information. „Ja“, meint sie, „das war eine schlimme Zeit. Sämtliche Einwohner der Stadt haben damals fast alles verloren. Heute ist praktisch alles wieder aufgebaut und die Leute sind zurückgekehrt. Nur ein kleiner Teil der verschütteten Häuser wurde als Gedenkstätte in Form eines Museums bewahrt.“

Nach dem Besuch der einstigen Stätte des Schreckens ziehen wir uns auf den Campingplatz zurück und beobachten die vorbeiziehenden Delphine und Seelöwen, wie sie direkt vor unserem Schlafplatz spielend auf Nahrungssuche gehen.

 

 

Ein Naturjuwel reiht sich an das Nächste

Durch einen Tipp eines radelnden Iraners, der schon 18 Jahre mit seinem Fahrrad durch die Welt gefahren ist, ( www.weneedtrees.com )biegen wir bei einem Feldweg ab, schliessen das Gatter auf und fahren bis zum nahegelegenen Fluss. Hier erwartet uns eine Aussicht die einem den Atem verschlägt. Schneebedeckte Andengipfel eingebettet in eine üppige Flora bilden die Kulisse dieses Naturjuwels.

Am Abend kommt in einem klapprigen Pickup der Eigentümer angerauscht. „Kein Problem“, meint er und rückt sein vergilbtes Gaucho Beret zurecht, „bleibt solange ihr wollt.“ Gerne nimmt er unser kleines Gastgeschenk entgegen, ein Seidenschal für seine Frau und rauscht von dannen.

Der Fluss an dem wir campieren heisst „Rio Frio“. Wie der Name schon sagt, er ist eiskalt. Das hindert uns jedoch nicht daran, immer wieder ein kurzes Bad zu nehmen und uns anschliessend an der wärmenden Sonne zu trocknen. Das ist reisen in seiner schönsten Form.

 

3 Königskuchen

Am nächsten Tag besuchen uns die Aargauer Ursi und Urs, mit denen wir schon länger in Kontakt stehen. Am Abend treffen auch noch die beiden Nidwaldner Nelly und Toni bei uns ein.

Somit sind wir 3 Schweizer Paare die sich spontan im tiefsten Patagonien treffen. Zusammen grillieren wir die zuvor gefangenen Bach-Forellen, trinken ein paar Gläser Wein und tauschen Reisegeschichten aus.

Der nächste Tag ist der 6. Januar. Ruth freut sich schon lange auf dieses historische Ereignis. Es ist Tradition, dass ich immer zum 3 Königstag einen entsprechenden Königskuchen backe. Die dazugehörige Krone begleitet uns schon immer im Suri.

Am Abend kochen wir gemeinsam was leckeres und zum Dessert gibt es zur Überraschung von allen ein Stück des 3-Königskuchens.

Da Toni ein begnadeter Mechaniker ist, nehmen wir unsere seit ein paar Tagen defekte, elektrische Treppe total auseinander und Stunden später funktioniert sie doch zum erstaunen aller wieder einwandfrei.

Toni, im Nachhinein nochmals ein herzliches Dankeschön. Was würden wir ohne den gelben Engel nur tun!

(siehe unter „Tipps & Tricks“ / „Begegnungen“ )

Coyhaique, die „Grossstadt“ auf der Carretera Austral

Nördlich von Coyhaique biegen wir ab in ein kleines Seitental. Das Land ist dünn besiedelt und auf den Karten des weltweiten Tourismus ist dieser Teil der Carretera Austral immer noch ein weisser Fleck. Dabei wäre gerade diese grandiose Landschaft für etliche Sterne in den Katalogen der grossen Reiseunternehmen prädestiniert, wenn nur die Region nicht so abgelegen wäre.

Nach einer Stunde holpriger Pisten-fahrt sind wir am Ziel. Zwar noch nicht ganz, es steht noch eine Wanderung durch einen mächtigen Südbuchenwald zu den Puente Piedras, den steinernen Brücken an. Hier erwartet einem ein eindrucksvolles, türkisfarbenes Felslabyrinth. Das klare, tiefblaue Wasser hat in Jahrmillionen eine tiefe Schlucht mit Gletschermühlen aus dem Granit heraus gefressen. Eine Touristenattraktion weitab vom Touristenstrom.

Die Provinzhauptstadt Coyhaique ist ein sehr überschaubares Städtchen. Es gibt ein paar Geschäfte, Cafés, Restaurants und sogar eine kleine Fußgängerzone.

Während Ruth den Kleider Geschäften einen Besuch abstattet, genehmige ich mir einen Café auf der Plaza de Armas und schaue dem Treiben zu.

 

Trekking am Cerro Castillo

Wir befinden uns mittlerweile in der Region Aysen im Süden Chiles. Hier gibt es unglaubliche Wanderwege rund um den Cerro Castillo zu entdecken, die sicherlich zu den schönsten im Land zählen. Der beliebteste Weg ist „La Traversia Las Horquetas“, eine 53 km lange Trekkingstrecke voller Naturschönheiten. Es gibt aber auch Tageswanderungen zu der malerischen Lagune Cerro Castillo oder wenn die körperliche Fitness ein wenig nachlässt, wie bei uns, dann begnügt man sich mit einem Halbtages-Ausflug in einer der wildesten und zugleich einzigartigsten Landschaften was Patagonien zu bieten hat.

Ein unerwartetes Treffen

Südlich von Cerro Castillo haben wir mit den Deutschen Susanne und Frank abgemacht. Wir kennen uns nur aus dem Internet und so staunen wir nicht schlecht, als wir ihr Fahrzeug ankommen sehen. Das kennen wir doch! Vor 13 Jahren haben wir Evi und Hans-Hermann in genau dem Fahrzeug kennengelernt. Ein Landrover mit selbst gebauter Wohnkabine. Wir haben damals eine wunderschöne Zeit miteinander erlebt. Anschliessend verschifften sie ihren Landy nach Deutschland und verkauften ihn ein paar Jahre später an Susanne und Frank.

Und jetzt stehen der Landy und unser Suri erneut nebeneinander. Was für ein Zufall!

Die Marmor Kathedrale im See

Nach weiteren 100 km ohne Siedlungen und auf einer schlechten Rumpelpiste werden wir bei Puerto Tranquillo von einem Schild gebremst mit der Aufschrift: „Capella de Marmor.“

Vor 13 Jahren haben wir diese Höhlen schon einmal besichtigt und darum verzichten wir auf einen erneuten Besuch.

Doch weil sie so einzigartig sind schreib ich hier einen Auszug aus unserem damaligen Tagebuch:

Am smaragdgrünen Lago Gerneral Carrera wartet schon ein Boot, das die Besucher zur Marmor Kapelle bringt.

Zusammen mit einigen Leuten aus Buenos Aires tuckern wir über den See zu den unscheinbaren Felsblöcken, die erst beim Näherkommen ihre wahre Schönheit preisgeben. Filigrane Säulen wechseln sich ab mit schräg hängenden Tunnels und alles ist durchzogen von weiss-braunen Marmorschichten. Als Alphonso sein Boot in dieses Labyrinth aus Höhlen hineinsteuert, kommen wir uns vor wie in einer halb versunkenen, gotischen Kathedrale. Die Natur mit ihren Gletschern, Wind und Wasser hat hier in dieser Abgeschiedenheit die schöneren Marmorsäulen geschliffen, als sie je ein Steinmetz bearbeiten könnte.

 

Ein weiterer Grenzübergang steht bevor

Ein Muss für einen richtigen Bäcker ist das Fischen am Rio Baker. Ich fange zwar keinen Lachs, dafür entschädigt der glasklare, türkisblaue Fluss für das entgangene Fischerglück.

Wir fahren noch bis ins kleine Städtchen Chochrane, unser südlichster Punkt auf dieser Reise, bevor wir drehen und definitiv gegen Norden halten.

Entlang des Lago General Carrera, der fast doppelt so gross wie der Bodensee ist, schraubt sich die Piste regelrecht in die Berge hinein. Wir kurven unseren Suri um Felsnasen, hoppeln unter Überhängen hindurch und immer wieder tauchen wie von Zauberhand grüne Täler hinter der nächsten Biegung hervor.

Sind das nicht Schweizer?“ fragt mich Ruth erstaunt. Und tatsächlich stehen auf der Anhöhe Renate und Bruno mit ihrem MAN. Später gesellen sich noch die Zürcher Verena und Georg mit ihrem Iveco dazu. (siehe Bilder unter „Begegnungen)

Zu sechst feiern wir unser spontanes Schweizer Treffen bis spät in die Nacht.

3 Tage später sind wir in Chile Chico und setzen erneut von Chile nach Argentinien über. Niemand interessiert sich für unser Joghurt im Kühlschrank oder das restliche Gemüse im Staufach. Die argentinischen Zöllner sind im Gegensatz zu ihren chilenischen Beamten viel entspannter.

 

Entlang des Rio Chubut

3 Tage fahren wir entlang des träge dahinfliessenden Rio Chubut. Dieser kleine Fluss hat im Laufe von Jahrmillionen ein beeindruckendes Tal aus der ansonsten eintönigen Ebene heraus gefressen. Rote, von Wind und Wasser zerklüftete Felswände begleiten unsere Fahrt von West nach Ost. Gegen Abend nehmen wir eine kleine Schotterpiste, mehr ein Trampelpfad, der uns mitten in die faszinierende Einöde bringt. Langsam geht die Sonne unter und ausser ein paar Wildhasen und Guanakos ist kein Lebewesen zu sehen. Eine völlige Ruhe ohne irgendwo nur den Hauch einer Lichtquelle zu sehen, umgibt unser Nachtlager. Erst gegen 10 Uhr Abends kommen die Sterne und die gewaltige Milchstrasse zum Vorschein. Ein Traum von Übernachtungsplatz, jedenfalls für uns.